Chronic-Pelvic-Pain Syndrom / Chronisches Beckenschmerzsyndrom
Das Chronische Beckenschmerzsyndrom (CPPS) ist eine anhaltende Schmerzerkrankung, die im Bereich des Beckens auftritt. Es betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Bei Männern wird es manchmal auch als chronische Prostatitis/chronisches Beckenschmerzsyndrom (CP/CPPS) bezeichnet, wenn es mit Schmerzen im Bereich der Prostata verbunden ist.
Die genauen Ursachen des CPPS sind oft schwer zu bestimmen, und es kann verschiedene Faktoren geben, die dazu beitragen, einschließlich muskulärer, neurologischer, psychosozialer und entzündlicher Aspekte.
Die Diagnose und Behandlung von CPPS können komplex sein. Wenn sich keine urologischen Ursachen finden, müssen andere Fachrichtung konsultiert werden um die zugrunde liegenden Ursachen zu ermitteln und einen angemessenen Behandlungsplan zu entwickeln. Dies kann Medikamente, Physiotherapie, Veränderungen im Lebensstil und psychologische Unterstützung umfassen.
Definition des Chronic-Pelvic-Pain Syndrom / Chronisches Beckenschmerzsyndrom
Ein CPPS wird per definitionem als Diagnose bestätigt, wenn Beckenschmerzen mit oder ohne begleitende Beschwerden der anderen Domänen (LUTS, sexuelle Dysfunktion, psychische Beeinträchtigung) über mindestens drei der vergangenen sechs Monate vorhanden waren und weder ein uropathogener Erreger noch eine andere kausale Pathologie nachgewiesen werden können, oder wenn eine Infekttherapie keinen Einfluss auf dei Beschwerden hat.
Bei Nachweis einer der Beschwerden zugrunde liegenden spezifischen Organpathologie muss stets eine entsprechende Differenzialdiagnose gestellt werden. Für die phänotypische Klassifizierung hat sich das sogenannte UPOINT(S)-System bewährt, das klassischerweise sechs Domänen beinhaltet:
Symptome des CPPS / Chronischen Beckenschmerzsyndroms:
Eine Schwierigkeit bei der Diagnostik von CP/CPPS ist darin begründet, dass die Symptome extrem variabel, regelmäßig wiederkehrend und in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität auftreten können.
Symptome können z.B. folgendes beinhalten:
Ursachen des CPPS / Chronisches Beckenschmerzsyndrom:
Genaue Ursachen bzw. Auslöser sind bis heute noch weitestgehend unklar. Neben infektiös-mikrobiellen, autoimmunen, neurologischen oder endokrinologischen Ursachen kommt auch eine psychologische Genese in Frage.. Wechselspiele und ein multifaktorielles Zusammenwirken mehrerer Faktoren, wie unterdanderm auch Nikotin und Alkohol sind anzunehmen.
Diagnosestellung des CPPS:
Aufgrund dieser breit gefächerten Symptomatik, gepaart mit der unklaren Ätiopathogenese, ist eine manifeste Diagnose in den meisten Fällen sehr schwer zu stellen und kann nur durch Ausschluss verwechselbarer Erkrankungen erfolgen.
Dazu gehören:
Mögliche weitere Ursachen:
Histaminintoleranz
Möglicherweise ist die IC/BPS Ausdruck einer Histaminintoleranz. Die Histaminintoleranz gehört zur Gruppe der Lebensmittelunverträglichkeiten. Die genauen Pathomechanismen sind bisher noch nicht ausreichend geklärt, auch gibt es keine schulmedizinisch anerkannten Testmethoden. Die Symptome umfassen je nach angesprochenem Histamin-Rezeptor ein breites Spektrum von Reizdarmsyndrom über Flush, Urtikaria, Rhinitis, Dyspnoe, Migräne bis hin zur Tachykardie.
Exogene Substanzen
Nahezu 90% der IC/BPS-Betroffenen berichten über Lebensmittelunverträglichkeiten gegenüber einer weit gefächerten Auswahl von Nahrungsmitteln. Pathologische Mechanismen scheinen dabei verantwortlich für den Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelkonsum und Auftreten oder Verschlimmern von Symptomen zu sein. Dies schließt periphere und/oder zentrale neuronale Überregulation, eine Dysfunktion des Harnblasenepithels und Signaltransduktion zwischen verschiedenen Organen mit ein.
Aktuelle Umfragedaten deuten darauf hin, dass der Konsum vor allem von Zitrusfrüchten, Tomaten, Meerrettich, Essig, Pfeffer, Glutamat, künstlichen Süßstoffen oder Zuckeraustauschstoffen, Tee oder Kaffee, kohlensäure- oder alkoholhaltigen Getränken sowie indischem oder thailändischem Essen den Schweregrad der Symptome bei IC/BPS erhöhen kann.
Besteht ein begründeter Verdacht auf maligne oder morphologisch-funktionelle Veränderungen im Bereich des unteren Harntraktes werden weitere indikationsbezogene diagnostische Schritte notwendig:
TRUS:
Auschluss von Prostataabszess, Prostatasteine oder -zysten oder eine benigne Prostatavergrößerung auszuschließen, bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom zudem eine Prostatabiopsie.
Zystoskopie:
Bei nachgewiesener Hämaturie oder auffälliger Zytologie wird eine Zystoskopie durchgeführt. Auch eine Harnröhrenstriktur oder eine Blasenhalsstenose können im Rahmen einer solchen Untersuchung ausgeschlossen werden.
Urodynamische Untersuchung:
Stehen Blasenspeicher- und/oder -entleerungsstörungen im Raum, können diese im Rahmen einer urodynamischen Untersuchung identifiziert und bewertet werden.
Die sonstigen möglichen Ursachen der Beschwerden müssen von folgenden Fachdisziplinen abgeklärt werden:
Einen standardisierten Therapieplan zur Behandlung von CP/CPPS gibt es nicht. Die Tatsache der ungeklärten Ätiopathogenese und die Variabilität der Symptomatik bedingen, dass jede Behandlung individuell, symptombezogen und den Lebensumständen des Patienten angepasst gewählt werden muss.
Konservative Therapieansätze haben geringe bis keine Nebenwirkungen und sind oft leicht in den Alltag zu integrieren.
1. Erhöhtes Risiko für Blasenkrebs: Rauchen ist ein bekannter Risikofaktor für Blasenkrebs. Die in Zigaretten enthaltenen Chemikalien können die Blase schädigen und das Risiko für die Entwicklung von Krebs erhöhen
2. Blasenfunktionsstörungen: Nikotin und teilweise auch Alkohol kann die Blasenfunktion beeinflussen und zu überaktiven Blasen oder Harninkontinenz führen.
3. Verengung der Blutgefäße: Nikotin kann zu einer Verengung der Blutgefäße führen, was die Durchblutung der Nieren beeinträchtigen und langfristig zu Nierenschäden
Ernährung:
Bei vielen CPPS-Betroffenen lösen vor allem Zitrusfrüchte, Tomaten, Meerrettich, Essig, Pfeffer, Glutamat, künstlichen Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe, Tee oder Kaffee, kohlensäure- oder alkoholhaltige Getränken sowie scharfe Nahrungsmittel eine Verschlechterung der Symptme aus. Grundsätzlich sind Nahrungsmittel, die nicht fermentiert, vergoren oder mikrobiell gereift sind, zu bevorzugen, da sie einen geringen Histamingehalt haben. Möglicherweise ist eine kohlenhydratreduzierte sogenannte low-FODMAP (Fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole)-Diät hilfreich, die bei Reizdarmpatienten, bei denen inzwischen bekannt ist, dass die Freisetzung von Histamin aus darmeigenen Mastzellen einer der Hauptpathomechnismen ist, zu einer Symptomenbesserung führt.
Bei Fragen bezüglich dem Thema Ernährung können Sie sich z.B. an einen Ernährungsberater wenden.
Medikamente für LUTS (lower urinary tract symptoms):
Alphablocker und 5-Alpha-Reduktasehemmer sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente bei CP/CPPS. Insbesondere bei obstruktiver Symptomatik oder gleichzeitig nachgewiesener Prostatavergrößerung konnte die Wirksamkeit gegenüber Placebo in den Bereichen Miktion, Schmerz und Lebensqualität nachgewiesen werden.
Informationen zu Alphablocker und 5-Alpha-Reduktaseinhibitoren finden Sie hier.
Antibiotika:
Bei Verdacht auf eine zugrundeliegende Infektion können auch Antibiotika verordnet werden. Aufgrund hervorragender Fähigkeit der Penetration in die Prostata, günstiger Pharmakokinetik, guter Bioverfügbarkeit und guter Aktivität gegen grampositive und -negative Bakterien sind folgende Antibiotika bei der Behandlung von CP/CPPS überlegen:
Da aber auch für den Einsatz von Antibiotika widersprüchliche Studienergebnisse zugrundeliegen, sollte bei Nichtansprechen auf die Behandlung die Therapie nach 2–4 Wochen abgebrochen werden.
Nichtsteroidale bzw. antiinflammatorische Medikamente
Bei Patienten mit vorrangig bedeutsamer Schmerzsymptomatik bieten sich auch nichtsteroidale bzw. antiinflammatorische Medikamente als symptomatische Therapie an.
Phytotherapeutika:
In den letzten Jahren hat sich der Fokus immer mehr auf den Einsatz pflanzlicher Extrakte (Phytopharmaka) gerichtet. Eine gute Verträglichkeit und eine oft auch mit vielen chemisch definierten Medikamenten vergleichbare Wirksamkeit haben sie zu einer gut tolerierten Alternative gemacht. Neben einer antioxidativen Beschaffenheit und antimikrobiellen Aktivität in Gräserpollen sind auch die antimikrobielle Aktivität und die Reduktion der Expression proinflammatorischer Zytokine durch Bioflavonoide vorteilhaft und sorgen für eine signifikante symptomatische Besserung bei Männern mit CP/CPPS.
Intraprostatische Injektion von Botulinumtoxin A
Hier gibt es kaum gute Studien und Untersuchungen dazu. Denkbar wäre aber, dass die Botox-Injektion hier wirklich Linderung verschaffen kann. Vor allem bei der Form der Prostataentzündung oder dem CPPS, bei der sich kein Infekt oder einen bakterielle Besiedelung nachweisen lässt und mit Beckenbodenverspannungen verbunden ist.
Hierzu gibt es Studien, allerdings mit viel zu wenig Patienten und sehr widersprüchlichen Ergebnissen. Eine breite Empfehlung wird deshalb von den urologischen Expertengremien und den Leitlinien für diese Therapie bisher nicht ausgesprochen. Auch ist kein Botox Präparat für diese Indikation zugelassen.
Neuromodulation:
Auch die Neuromodulation bzw. Nervenstimulation kann eine wirksame Behandlung für refraktäre CP/CPPS sein. Aussagen über eine langfristige Wirksamkeit sind für diese Behandlungsoption jedoch noch nicht möglich. Weitere Informationen zu diesem Thema kann Ihnen ggf. ein Beckenbodenzentrum geben.
Verkleinerung der Prostata:
Als Ultima Ratio v.a. bei einer obstruktiven Symptomatik kommt die transurethrale Prostataresektion (TUR-P) oder eine Laseroperation in Frage. Die Wirkung und Effektivität bei CP/CPPS tritt jedoch nicht sicher ein. Diese Interventionen sollten daher nur nach sorgfältiger Abwägung bei therapieresistenten Patienten eingesetzt werden.
(Informationen zur Prostatoperationen)
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